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Kanonistik

Die Rechtsfigur can. 526 § 1, auf deren Grundlage Seelsorgeeinheiten oder Pfarreiverbünde gebildet werden

Der Gesetzgeber legt in den cann. 515 – 552 verschiedene Modelle der sog. Gemeindeleitung vor, in denen u. a. der Umstand Priestermangel berücksichtigt ist. Diese verschiedenen Modelle müssen zunächst erkannt werden. Sodann sollen einige Bedeutungen des Begriffs paroecia dargestellt werden, die für die Gestaltung der Seelsorgeeinheit, Pfarreiverbünden, etc. wichtig sind.

Vor diesem Hintergrund muss die Frage gestellt werden, wie die Seelsorgeeinheiten oder Pfarreiverbünde unter Berücksichtigung von can. 152 und can. 515 § 2 eingerichtet werden müssten, wozu unter der Überschrift Theoretisch mögliche Ausgestaltung der Rechtsfigur can. 526 § 1, TS 2 wichtige Prinzipien vorgelegt und schließlich ein klares Kriterium für die Anwendung von can. 526 § 1, TS 2 benannt werden soll.

Die vorliegenden Gedanken zu can. 526 § 1, auf den alle Ausführungen in meiner Homepage hinauslaufen, um den Betroffenen eine kirchenrechtlich anders fundierte Hilfestellung geben zu können, können vertieft im Lehrbuch von R. Puza nachgelesen werden, das in Bälde in dritter Auflage erscheint.

 

Anlass für diese Überlegungen

Nicht nur etwa in Frankreich, sondern auch in Deutschland sehen sich die Diözesanbischöfe damit konfrontiert, dass immer weniger Priester in ihren Diözesen vorhanden sind. Aus diesem Grunde können sie dem Grundsatz nicht mehr folgen, dass eine „Pfarrei“ von einem Priester als ihrem Pfarrer geleitet wird, wovon der Gesetzgeber in den cann. 515 – 552 als Grundmodell gemäß can. 519 ausgeht.

Wer diese Canones jedoch liest, wird feststellen, dass der Gesetzgeber neben diesem Modell der sog. Gemeindeleitung sich sehr wohl auch andere Leitungsmodelle vorstellen kann. Sie drückt er in can. 517 § 1 aus, aber auch in can. 517 § 2 und in can. 526 § 1, TS 2.

Während der Gesetzgeber die meisten Canones innerhalb der cann. 515 – 552 vor dem Hintergrund von can. 526 § 1, TS 1 bzw. can. 519 konzipiert hat, hat er bei der Konzeption der Rechtsfigur can. 517 § 1 an die Übertragung vieler dieser Canones in diese nachkonziliare und damit neue Rechtsfigur gedacht, vgl. die cann. 542 – 544. Eine derartige Übertragung fehlt für die Rechtsfigur can. 517 § 2 völlig und für die Rechtsfigur can. 526 § 1, TS 2  weitgehend.

Zunächst gilt es angesichts dieses Befundes festzuhalten, dass can. 526 § 1, TS 2 eines der möglichen Leitungsmodelle für die sog. Gemeindeleitung bei Priestermangel ist.

Manche Diözesanbischöfe im Zuständigkeitsbereich der DBK haben dieses Modell in ihren Diözesen aufgrund des Priestermangels angewandt, um für die Leitung der Gemeinden durch Priester Sorge tragen zu können. Sie haben dies in der Weise getan, dass sie einem Priester mehrere „Pfarreien“, d. h. Leitende Stellen in den verschiedenen Pfarrämtern übertrugen, so dass dieser eine Priester mehrfach Pfarrer wurde.

Aber geht es in can. 526 § 1 tatsächlich um die Leitung einer Pfarrei oder mehrerer Pfarreien? Geht es tatsächlich auch um die Übertragung von Pfarreien?

 

Verschiedene Bedeutungen des Begriffs paroecia

Die Rechtsbestimmung in can. 526 § 1, TS 1 lautet parochus unius paroeciae tantum curam paroecialem habeat; in TS 2 hält der Gesetzgeber fest ob penuriam tamen sacerdotum aut alia adiuncta, plurium vicinarum paroeciarum cura eidem parocho concredi potest.

Wenn man das Substantiv cura in diesen Teilsätzen mit Leitung übersetzt, wie es nach dem Wörterbuch zum Codex Iuris Canonici von R. Köstler möglich ist, könnte man sehr wohl meinen, dem Gesetzgeber ginge es um die Gemeindeleitung. Hierin könnte man sich durch die Übersetzung des Begriffs paroecia in der lateinisch-deutschen Ausgabe des CIC mit Gemeinde bestärkt sehen, denn auch in den übrigen Canones der cann. 515 – 552 wird der Begriff paroecia mit Pfarrei oder Gemeinde übersetzt.

Zwar verleitet der Gesetzgeber in can. 515 § 1 zu einer solchen Auffassung, in dem er den Begriff paroecia scheinbar definiert. Wer diese Auffassung jedoch vertritt, verkennt, dass der Begriff paroecia bereits im früheren CIC vorkommt und dass can. 515 nachkonziliar ist, so dass der Begriff paroecia in den Canones, in denen altes Recht vor dem Hintergrund des Zweiten Vatikanums lediglich modifiziert ist, nicht die Bedeutung Pfarrei oder Gemeinde haben kann. Dies ist in dem zu besprechenden can. 526 § 1 der Fall, ohne dass der Vorläufer dieser Rechtsbestimmung, nämlich *can. 460 § 1, in diesem Rahmen näher betrachtet werden kann.

Vor verwaltungsrechtlichem Hintergrund konnten innerhalb der cann. 145 – 196 rechtssprachliche Kriterien für das Ämter- und Stellenrecht bestimmt werden. Ein rechtssprachliches Kriterium für das Ämterrecht ist der Begriff Leitung. Folglich muss der Gesetzgeber can. 526 § 1 so verstehen, dass es ihm nicht um die sog. Gemeindeleitung, sondern um die Pfarramtsleitung geht, d. h. also um die Leitung des Rechtsinstituts Pfarramt, das im Hinblick auf die Körperschaft Pfarrei eingerichtet und errichtet ist, und für dessen Einrichtung sowohl der Aufgabenkreis in diesem Pfarramt von Seiten des Gesetzgebers festgelegt ist, als auch die Stellen in diesem Pfarramt eingerichtet sind, die ab der Errichtung des Pfarramts an geeignete Stelleninhaber zu vergeben sind, damit die Pfarramtsaufgaben den Mitgliedern der Körperschaft Pfarrei gegenüber ausgeübt werden können, und so weit möglich, mit ihnen zusammen.

Wie in can. 519, TS 1 kann der Begriff paroecia aber auch die Bedeutung Leitende Stelle im Pfarramt annehmen, denn nur eine Stelle kann übertragen werden (eines der stellenrechtlichen Kriterien, wie unter dem Link Kirchenamt dargestellt wurde).

In Entsprechung zur vielfältigen, rechtssprachlich begründeten Bedeutung des Begriffs paroecia kann auch das Adjektiv paroecialis mehrere Realitäten bezeichnen.

Vor diesem Hintergrund liest sich can. 526 § 1 wie folgt: Ein Pfarrer soll die der Leitenden Stelle im Pfarramt entsprechende (paroecialis) Leitung nur eines einzigen Pfarramts haben (TS 1); wegen des Priestermangels jedoch oder anderer Umstände kann ein und demselben Pfarrer die Leitung mehrerer „benachbarter“ Pfarrämter übertragen werden (TS 2).

 

Die einzuhaltende Kompatibilität der Stellen 

Aufgrund der Anführungszeichen in der Übersetzung von can. 526 § 1, TS 2 ist deutlich, dass das Adjektiv vicinus nicht im lokalen Sinne verstanden werden kann. So ist dieses Adjektiv entwicklungsgeschichtlich auch nicht vom Gesetzgeber begriffen worden. Vielmehr will der Gesetzgeber mit ihm auf die Kompatibilität der Stellen abheben, wie J. Cleve in seiner Dissertation Inkompatibilität und Kumulationsverbot. Eine Untersuchung zu c. 152 CIC/1983, Frankfurt a. M., etc. 1998 aufzeigen konnte.

Aus diesem Grunde muss das Adjektiv vicinus mit geändert übersetzt werden. Dem Gesetzgeber geht es in can. 526 § 1, TS 2 folglich um die Leitung mehrerer geänderter Pfarrämter.

Diese Änderung der Pfarrämter hat sein rechtliches Fundament einerseits in can. 515 § 2, denn der Gesetzgeber spricht in ihm aufgrund der körperschafts- wie ämterrechtlich signifikanten Verben errichten (errigere), aufheben (supprimere) und verändern (innovare) nicht nur von der Körperschaft Pfarrei, sondern auch vom Rechtsinstitut Pfarramt. Andererseits hält der Gesetzgeber in can. 152 fest, dass niemandem mehrere inkompatible (d. h. miteinander unvereinbare) Stellen übertragen werden dürfen, weil sie von einem Stelleninhaber allein nicht zugleich wahrgenommen werden können, was aber – bei Verkennung dieser rechtlichen Erhebungen zu can. 526 § 1, TS 2 – im Zuständigkeitsbereich der DBK von den Mehrfachpfarrern verlangt wird, weil die jeweiligen Pfarrämter im Rahmen der Bildung der Seelsorgeeinheiten oder Pfarreiverbünde nicht geändert wurden. Anders und vorsichtiger formuliert muss die Frage gestellt werden, ob die Diözesanbischöfe, die can. 526 § 1, TS 2 angewandt haben, can. 515 § 2 i. V. m. can. 152 berücksichtigt haben.

 

Freilich könnte der partikularrechtliche Gesetzgeber die jeweiligen Pfarrämter in der Weise ändern, dass er den Aufgabenkreis des betreffenden Pfarramts ändert. Dies hat der universalkirchliche Gesetzgeber bei der Übertragung des Grundmodells der Pfarramtsleitung in die Rechtsfigur can. 517 § 1 aber nicht getan, vgl. die cann. 542 – 544.

Will man dem universalkirchlichen Gesetzgeber in der Anwendung der Übertragung des Grundmodells auf can. 517 § 1 folgen, was ich tun möchte, muss auch der partikularrechtliche Gesetzgeber im Hinblick auf die Anwendung von can. 526 § 1, TS 2 an die Leitende Stelle im betreffenden Pfarramt denken und durch Änderungen dieser Leitenden Stelle das Pfarramt ändern, denn in der Rechtsfigur can. 517 § 1 will der universalkirchliche Gesetzgeber die eine Leitende Stelle im Pfarramt (oder die Leitenden Stellen in den jeweiligen Pfarrämtern – der Einfachheit wegen soll im Folgenden nur von einer Leitenden Stelle im Pfarramt die Rede sein) zu ungeteilter Hand (insolidum) mehreren Priestern zugleich übertragen wissen, so dass diese für die meisten Aufgabenbereiche im Aufgabenkreis des Pfarramts zu ungeteilter Hand Verantwortung tragen.

Hierdurch weicht der Gesetzgeber exemplarisch für andere Kanonisten und Gesetzgeber von der Regel ab, die er im Grundmodell vorgibt, dass die eine Leitende Stelle im Pfarramt einem einzigen Priester übertragen werden soll, wodurch dieser eine Priester Pfarrer wird.

 

Der partikularrechtliche Gesetzgeber wird unter Berufung auf can. 152 i. V. m. can. 515 § 2 in Zeiten des größer werdenden Priestermangels bei der Anwendung von can. 526 § 1, TS 2 aber genau umgekehrt vorgehen und die betreffenden Pfarrämter dadurch ändern müssen, dass er die Leitende Stelle im Pfarramt teilt, sie also zu geteilter Hand einem Priester als Pfarrer überträgt, wenn der Begriff Pfarrer überhaupt noch angebracht zu sein scheint. Einem anderen Stelleninhaber, der nicht  Priester ist, verleiht er zugleich den jeweiligen anderen Teil der einen nun geteilten Leitenden Stelle im Pfarramt.

Da der universalkirchliche Gesetzgeber in can. 526 § 1, TS 2 mehrere Pfarrämter im Blick hat, werden zumindest ein und demselben Priester mehrere geteilte Leitende Stellen in ebenso vielen Pfarrämtern übertragen werden müssen. Dabei muss es nicht sein, dass einem nichtpriesterlichen Stelleninhaber die anderen geteilte Leitende Stelle in den betreffenden Pfarrämtern zugleich verliehen werden.

 

Bevor jedoch über eine konkrete, wenn auch theoretische Ausgestaltung der Rechtsfigur can. 526 § 1, TS 2 nachgedacht wird, soll einesteils das Prinzip klar und deutlich erneut benannt sein. Es geht bei der Änderung des Pfarramts in can. 526 § 1 um die Teilung der einen Leitenden Stelle im Pfarramt. Somit wird zumindest zwei Stelleninhabern zu geteilter Hand die eine, nun geteilte Leitende Stelle im Pfarramt übertragen. Beide sind kraft dieser Änderung des Pfarramts und d. h. kraft dieser Stellenverleihung nicht für dieselben Aufgabenbereiche im Aufgabenkreis des Pfarramts leitend zuständig. Dem Priester unter diesen Stelleninhabern werden mehrere geteilte Leitende Stelle übertragen. Dadurch, dass er keine x-fache Verantwortung mehr für alle ungeteilten Leitenden Stellen in den betreffenden Pfarrämtern trägt, ist die Kompatibilität der Leitenden Stellen gemäß can. 152 gewährleistet und can. 515 § 2 angewandt.

Andernteils muss die fundamentale Unterscheidung in Erinnerung gerufen werden, dass Aufgaben, für die jemand kraft Stellenverleihung zuständig ist, von dem Stelleninhaber wahrgenommen werden können und / oder geleitet werden müssen, vgl. bereits den Link Kirchenamt.

 

Theoretisch mögliche Ausgestaltung der Rechtsfigur can. 526 § 1, TS 2

Theoretisch könnte die Verleihung der geteilten Leitenden Stellen so aussehen, dass nur zwei Stelleninhaber zur Verfügung stehen, ein Priester und ein Laie, z. B. eine Pastoralreferentin. Wenn man sich jedoch vorstellt, dass es sich hier nicht um zwei oder drei, sondern vielleicht um zehn Pfarreien handelt, deren Pfarrämter zu geteilter Hand geleitet werden müssen, läge mit dieser Verteilung der geteilten Leitenden Stellen auf zwei Personen nicht wirklich eine Lösung des Problems Umgang mit dem Priestermangel vor.

Aus diesem Grunde muss klar und deutlich das Kriterium benannt werden, nach dem diese Teilung der Leitenden Stelle im Pfarramt geschehen kann.

Zugleich soll innerhalb des Priestermangels von einem personellen Idealfall ausgegangen werden, dass ein Priester zehn geteilte Leitende Stellen in den Pfarrämtern erhält und dass zehn weitere Personen (Laien oder Diakone) da sind, die die Funktionen der Residenzpflicht gemäß can. 533 § 1 ausüben, je einer von ihnen in einer Pfarrei.

Jeder von diesen zehn Nichtpriestern erhält zum einen die andere geteilte Leitende Stelle in dem Pfarramt, das für die Pfarrei errichtet ist, in der er die Funktionen der Residenzpflicht ausübt, und kooperiert zum anderen in den Aufgabenbereichen mit dem Pfarrer vor Ort, die ihm kraft geteilter Leitender Stelle zur Leitung übertragen sind.

Stellenrechtlich heißt das, dass dem einen Mehrfachpfarrer zehn geteilte Leitende Stellen verliehen sind. Ein Nichtpriester hingegen erhält zwei ungleiche Stellen, nämlich die andere geteilte Leitende Stelle in dem einen Pfarramt und zu­gleich eine Nicht-Leitende Stelle im selben Pfarramt, kraft derer er mit dem Pfarrer in den Aufgabenbereichen kooperiert, für die dieser zehnfach leitend zuständig ist. – Welcher prozentualer Arbeitsaufwand etwa mit den jeweiligen Stellen für den Priester bzw. Nichtpriester verbunden ist, kann in diesem theoretischen Kontext vernachlässigt werden.

Mit dieser Konzeption Übertragung einer geteilten Leitenden Stelle und einer Nichtleitenden Stelle in ein und demselben Pfarramt an Nichtpriester sind die Laien oder Diakone nicht Pfarrer, wohl aber haben sie eine Rechtsstellung im Pfarramt inne, aufgrund derer sie nicht nur Mitarbeiter des Pfarrers sind, sondern auch seine Kollegen. Sie sind Mitarbeiter des Pfarrers in den Aufgabenbereichen, in denen der Pfarrer zu geteilter Hand Inhaber der Leitenden Stelle im Pfarramt ist, und sie sind Kollegen in den Aufgabenbereichen des Aufgabenkreises des einen Pfarramts, die ihnen zu geteilter Hand übertragen sind. Der Pfarrer hat ihnen gegenüber in diesen ihm nicht übertragenen Aufgabenbereichen kraft geteilter Leitender Stelle im Pfarramt also keine Weisungsbefugnis. Dadurch dass die Nichtpriester alle Funktionen der Residenzpflicht ausüben, übernehmen sie viele Funktionen, die im Grundmodell der Pfarramtsleitung mit einem Pfarrer verbunden wurden und seit Jahrhunderten verbunden sind.

Inwiefern es sinnvoll ist, im Hinblick auf den Priester überhaupt noch von einem Pfarrer zu sprechen, der gemäß can. 519, TS 1 dadurch bestimmt ist, dass ihm die eine ungeteilte Leitende Stelle im Pfarramt übertragen ist und damit auch alle Funktionen zur Wahrnehmung anvertraut sind, die mit der Residenzpflicht verbunden sind, muss in einem anderen Kontext gefragt werden. Der universalkirchliche Gesetzgeber verwendet den lateinischen Begriff parochus de lege lata in can. 526 § 1, TS 2.

 

Bei dieser Konzeption der Leitenden Stellen in den jeweiligen Pfarrämtern ist auch an die Rechtsfigur can. 517 § 2 gedacht, in der ein Priester nur noch den Aufgabenbereich cura pastoralis (ordinaria) leitet. Es liegt somit keine Doppelung in der Konzeption dieser beiden Rechtsfiguren vor. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber in dieser ultima ratio, die die Rechtsfigur can. 517 § 2 darstellt, noch mehr Pfarreien mit ihren Pfarrämtern im Blick hat als in can. 526 § 1, TS 2. Die Teilung der Leitenden Stelle im Pfarramt und damit die Änderung des jeweiligen Pfarramts auf der Grundlage des can. 515 § 2 i. V. m. dem can. 152 ist hier einerseits formal ebenso und andererseits material in anderer Weise vorzunehmen, wenn beide Rechtsfiguren keine Doubletten sein sollen.

 

Das Kriterium für die Teilung der einen Leitenden Stelle im Pfarramt in der Rechtsfigur can. 526 § 1, TS 2

Während der Beschäftigung mit dem Begriff Seelsorge wurden verschiedene Kategorien im Aufgabenkreis eines kirchlichen Amts erkannt. In dem Begriff finis spiritualis fasst der Gesetzgeber alle apostolischen Werke zusammen, in dem Begriff finis non spiritualis all jene Aufgaben bzw. Aufgabenbereiche, die der Wahrnehmung der apostolischen Werke im Hinblick auf die Sendung der Kirche dienen.

Folglich könnte ein präzises Kriterium für die Teilung der einen Leitenden Stelle im Pfarramt dieser finis sein. Den finis spiritualis muss aufgrund der Vorgaben des Gesetzgebers in can. 517 § 2 ein Priester leiten, da in ihm auch der Aufgabenbereich cura pastoralis (ordinaria) enthalten ist, und zwar unter Einschluss der Kooperation mit einem Laien oder Diakon in diesem Aufgabenbereich. Den finis non spiritualis könnte ein nichtpriesterlicher Stelleninhaber zu geteilter Hand leiten und in ihm auch die Aufgaben selber ausüben, zumal für die Ausübung nicht einer einzigen Aufgabe in diesem Aufgabenbereich die Diakon- oder Priesterweihe vonnöten ist.

Die Residenzpflicht und die mit ihr verbundenen Funktionen nimmt innerhalb dieser Konzeption der Stelleninhaber wahr, der die Aufgaben des finis non spiritualis wahrnimmt und dessen Aufgabenbereiche leitet. Eine enge Kooperation des Pfarrers mit der vor Ort lebenden und / oder vor Ort arbeitenden Ansprechperson ist im Aufgabenbereich caritas ebenso geboten wie im Aufgabenbereich Seelsorge, denn allein diese Ansprechperson ist der natürliche und situationsgegebene Ansprechpartner für die Gemeindemitglieder.

Folgt man dieser theoretisch möglichen Teilung der Leitenden Stelle im Pfarramt, und steht diese dem Gesetzgeber in can. 526 § 1, TS 2 vor dem Hintergrund von can. 152 vor Augen, ist für ihn der Begriff Pfarrer entgegen der Definition in can. 519, TS 1 zumindest durch die Leitung der Pfarramtsaufgaben bestimmt, die unter der Kategorie finis spiritualis subsumiert werden, d. h. also durch die apostolischen Werke.

 

Es könnte sein, dass sich manche Theologen an dieser Konzeption der Seelsorgeeinheiten, Pfarreiverbünden, etc. stoßen. Um der Gemeindemitglieder willen werden aber wohl keine anderen Überlegungen zielführend sein, die insbesondere durch die Funktionen der Residenzpflicht bestimmt sind und von Nichtpriestern wahrgenommen werden können.

Die Synodalen haben all diese Gedanken während der Würzburger Synode, d. h. zwischen 1972 und 1975 im Synodenbeschluss Dienste und Ämter trotz ihrer amtstheologischen Denkweise unter Verwendung des Begriffs Bezugsperson vorausgedacht. Zwar hatten sie damals noch nicht den erst 1983 promulgierten CIC und damit can. 533 § 1 als Grundlage ihres Denkens, sehr wohl aber mussten sie dessen Vorläufer, *can. 465 § 1, im Hintergrund all ihrer Überlegungen gehabt haben, weil sie ansonsten nicht so stark von der Bezugsperson bzw. von den Funktionen der Residenzpflicht her hätten argumentieren können.

Die Zeit drängt, dass um der Menschen willen in dieser von mir vorgeschlagenen Richtung auch auf Diözesanebene weiter gedacht wird und dass eingeschlagene Wege um der Menschen und d. h. auch um der in der Kirche beruflich tätigen Menschen willen korrigiert werden. Die Pfarrer sind aus der Sicht des Gesetzgebers (Stichwort Kompatibilität der Stellen) überfordert, die in der Kirche beruflich tätigen Diakone und Laien könnten mehr Leitungskompetenzen erhalten und vor allem die Gemeindemitglieder hätten wieder einen eindeutigen Ansprechpartner oder eine eindeutige Bezugsperson, wie es im Sb Dienste und Ämter heißt.

Eine rechtssprachlich begründete Kanonistik steht dem nicht im Wege. Die Residenzpflicht mit all ihren Funktionen erlaubt im Grunde nur die hier vorgeschlagene Konzeption der Rechtsfigur can. 526 § 1, TS 2, die auf die Rechtsfigur can. 517 § 2 in der Weise übertragen werden kann, dass der aliquis sacerdos lediglich den Aufgabenbereich cura pastoralis (ordinaria) leitet, nicht also auch noch den Aufgabenbereich caritas, der dem Nichtpriester zusätzlich zu den übrigen Pfarramtsaufgaben zur Leitung und Ausübung übertragen würde, die er in der Rechtsfigur can. 526 § 2, TS 2 nicht verliehen bekommen hat. Es ist davon auszugehen, dass der Priestermangel in can. 517 § 2 noch größer ist als in can. 526 § 1, TS 2, da in der Rechtsfigur can. 517 § 2 nur noch vom Priestermangel, nicht also auch noch von alia adiuncta die Rede ist.